Neuropathien zählen zu den häufigsten und schwerwiegendsten Folgeerkrankungen der Zuckerkrankheit. Etwa jeder dritte Diabetiker ist davon betroffen. Doch viele wissen nichts davon, warnte Prof. Dr. Dan Ziegler, Stv. Direktor am Institut für Klinische Diabetologie des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Denn die Signale der angegriffenen Nerven werden anfangs kaum wahrgenommen oder erscheinen harmlos: Schleichend nimmt das Gespür der Füße für Berührungen, Temperaturen oder Schmerzen ab. Bei einigen kribbeln die Zehen oder brennen die Sohlen, andere empfinden ein Taubheitsgefühl. Die Beschwerden sind vielfältig – allen gemeinsam ist, dass in der Regel zuerst die Füße von den Empfindungsstörungen betroffen sind.
Auf die Füße hören
Ziegler appellierte daher, dass Menschen mit Diabetes oder erhöhtem Diabetes-Risiko ihre Füße regelmäßig beim Arzt untersuchen lassen und Auffälligkeiten immer ernst nehmen sollten. Unbehandelt schreitet eine Neuropathie voran, viele Betroffene leiden zunehmend unter Missempfindungen und teils unerträglichen Schmerzen in den Füßen, während die nachlassende Sensibilität das Risiko für ein diabetisches Fußsyndrom erhöht. Und nicht nur das: Wenn die Füße Warnsignale senden, ist häufig auch das Herz gefährdet. Bei etwa jedem fünften Diabetiker sind Nerven am Herzen geschädigt, wodurch das Risiko für einen „stummen“ (schmerzlosen) Herzinfarkt steigt. „Dennoch wird die Neuropathie-Untersuchung beim Allgemeinarzt nicht hinreichend in Anspruch genommen“, beklagte der Neuropathie-Experte mit Verweis auf die Ergebnisse der PROTECT-Studie der Nationalen Aufklärungsinitiative, an der 1.850 Personen teilnahmen: Fast 70 Prozent der Untersuchten mit Anzeichen für eine Neuropathie wussten nicht, dass sie davon betroffen sind1. Nicht nur die Diagnose der Erkrankung erfolgt oft zu spät. Auch bei bekannter Neuropathie erfolgt in 70 Prozent der Fälle keine Behandlung, wie eine aktuelle Nachverfolgung der damaligen Teilnehmer der PROTECT-Studie zeigt.
Frühzeitig handeln
Je eher, umso besser können Nervenschäden aber aufgehalten werden. Das Mitwirken der Betroffenen ist nicht nur bei der Früh-Diagnose, sondern auch bei Prävention und Therapie von zentraler Bedeutung, erklärte Privat-Dozent Dr. med. Ovidiu Alin Stirban, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin – Endokrinologie & Diabetologie an der Schön Klinik Nürnberg Fürth. Eine möglichst optimale Einstellung des Blutzuckerspiegels sei sehr wichtig, reiche aber bei Personen mit einem Typ-2-Diabetes nicht aus. Hier seien weitere Maßnahmen erforderlich, zu denen auch Veränderungen des Lebensstils zählten, sagte der Diabetologe mit Verweis auf Studiendaten: Wenn Diabetiker zusätzlich zur medikamentösen Therapie am Lebensstil feilen, können sie nicht nur der Entstehung einer diabetischen Neuropathie vorbeugen, sondern auch eine bereits existierende Nervenschädigung zumindest teilweise rückgängig machen, so die motivierende Botschaft des Experten. Wichtig sei außerdem, einen Vitamin-B1-Mangel auszugleichen, so Stirban. Diabetiker sind häufig von einem massiven Mangel an dem wichtigen Nerven-Vitamin betroffen, weil sie es vermehrt über die Nieren ausscheiden2. Dadurch können Neuropathien entstehen oder verschlimmert werden. Wenn Schmerzen die Lebensqualität beeinträchtigen, kann der Arzt zusätzlich Schmerzmittel verschreiben.
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